Um mich von brechend vollen öffentlichen Verkehrsmitteln sowie Fahrradfahren bei -10 °C und Wind made in Siberia zu emanzipieren beschloß ich vor einigen Wochen einen chinesischen Führerschein zu beantragen. In China gilt der europäische und der internationale nicht, man kann aber durch Vorlage des jeweiligen und dem Ablegen einer theoretischen Prüfung die chinesische Lizenz bekommen.
Kurz entschloßen machte ich mich auf den Weg zum Büro der Verkehrspolizei, einem monumentalen Wolkenkratzer am vierten Autobahnring. In der Eingangshalle wurde ich erst einmal wie so oft in China von der unvorstellbaren Masse überwältigt. Zig Schalter in einer Reihe, aus Mikrofonen schnatterte es in einem Fort, Leuchtschriften liefen die Wand entlang, und hunderte von Menschen die mit Papierkram beschäftigt sind. Bevor ich in der Masse der Wartenden untergehen konnte fing mich eine hübsche Empfangsdame ab und geleitete mich in das Foreign Affairs Office.
Dort hieß es erstmal eine Hand voll Formulare ausfüllen, und zwar auf Chinesisch. Deshalb hatten die meisten Ausländer auch einen einheimischen Schreiber dabei. Dann wurde noch eine Übersetzung meines bestehenden Führerscheins verlangt, ich durfte aber selber übersetzen. Ich hoffe das chinesische Verkehrsministerium hat meinen Blog nicht abboniert, denn ab hier habe ich geschummelt. Zuerst einmal ging es nur um die Hubraumzahl des Mopeds in meinem Führerschein, die ich etwas nach oben korrigierte. Dann wurde ich ins Krankenhaus geschickt - Gesundheitscheck machen.
Natürlich kann man von einem Krankenhaus in China nicht erwarten dass man alleine oder mit mindestens fünf Meter Abstand zum nächsten Hilfesuchenden am Empfangstresen steht. Sowas gibt es nur in Deutschland. Die Krankenschwester hinter der Theke schien aber völlig konzentriert und geduldig den Leuten Auskunft zu geben, und zwar in einem Tempo der dem Menschenstrom absolut gewachsen war. Freundlich und in Sekundenschnelle bekam ich meine Antwort: "Turm B, 16. Stockwerk rechte Seite". Eines muss man wirklich sagen. Asiaten sind wenn es um die Bewältigung von so schwierigen Situationen geht wirklich effektiver als wir. Die Empfangdame in Deutschland hätte erst mal ihr "das hättest du aber wissen müssen" und dann ihr "das hab ich heut schon mindestens zehn mal gesagt" Gesicht aufgesetzt dass einem die Lust vergeht.
Der Gesundheitscheck kostete nur einen Euro (den ich umständlicherweise 2 Stockwerke tiefer abgeben musste) und bestand eigentlich nur aus dem von mir so gefürchteten Sehcheck. Eigentlich sehe ich ja gut, nur wenn man mir das rechte Auge zuhält seh ich kaum noch was. Die Krankenschwester wies mich an ein Auge zuzuhalten und zeigte auf ein paar "E" auf einer Tafel, bei denen ich dann die Richtung der Füßchen angeben musste. Während sie mein (gutes) rechtes Auge abfragte merkte ich mir die Richtungen in dieser Reihe. Als mein (schlechtes) linkes Auge dran war konnte ich nur erkennen das wievielte Zeichen in der Reihe sie meinte, und verband das dann mit der Richtung die ich mir vorher gemerkt hatte - erfolgreich. Sie lobte meine guten Augen und hämmerte den gewünschten roten Stempel auf das Formular.
Als letztes stand nur noch eine theoretische Prüfung an. Dabei handelt es sich um einen Computertest, der in insgesamt 8 Sprachen abgelegt werden kann - sehr komfortabel. Ich bereitete mich jedoch nicht auf die deutschen Fragen vor, da die Übersetzungen so viele Grammatikfehler enthielten dass man manchmal den Sinn nur schwer verstand. Bei den englischen war das etwas besser.
Hierbei stießen besonders Fragen zu Benimmregeln auf mein Interesse, hier einige Beispiele: "Der Fahrer verspürt während der Fahrt das Bedürfniss zu spucken, was ist erlaubt? A: Aus dem Fenster spucken, B: Auf den Boden des Fahrzeugs spucken oder C: In ein Taschentuch spucken das er dann ordnungsgemäß im Mülleimer entsorgt?" oder "Wenn ein Fahrzeug Gurte eingebaut hat, wie muss man sich verhalten? A: Anschnallen ist freiwillig, B: Fahrer und Beifahrer müssen sich anschnallen oder C: Die Gurte sind für Gebpäckstücke gedacht?" Bei letzterer Frage brauchte ich ersteinmal eine Weile um zu realisieren, dass die für mich richtige Antwort, nämlich alle anschnallen, gar nicht zur Auswahl steht.
Bei der Prüfung dann merkte ich recht schnell, dass ich mich für die falschen Fragen vorbereitet hatte, aus was für einem Grund auch immer. In diesem Fall war es fast unmöglich den Test zu schaffen, denn man brauchte 90% richtige Antworten. Doch auch hier half mir das Glück. Nach einer Viertelstunde Test zeigten auf einemal alle Computer einen Fehler an. Die Polizisten wußten nicht so recht wie sie damit umgehen sollten und wiesen uns an den Test erneut zu starten. Doch nach einer Viertelstunde kam derselbe Fehler wieder. Daraufhin teilten sie schriftliche Prüfungsbögen aus, auch jedem in seiner Sprache.
Nach dem ich meinen Bogen ordungsgemäß aber mehr geraten als gewußt ausgefüllt hatte warf der Polizist einen sehr ernsten Blick darauf, tat so als prüfe er stichprobenartig einzene Antworten (ich bin mir ganz sicher, dass er das nicht tat und auch kein Englisch verstand) während ich so tat als habe ich es ganz eilig und er möge doch bitte schnell den gewünschten roten Stempel drauf hämmern. Das tat er dann auch. Damit hatte ich meinen Führerschein. Auf der Suche nach Mietwagen im Internet fiel mir dann auf, dass es bei den meisten Anbietern den Fahrer kostenlos dazu gab, also du mietest ein Auto und wenn du willst bekommst du einen Fahrer kostenlos dazu.